Die hohen Erwartungen an den Mann von heute

Der perfekte Mann sieht gut aus, ist sportlich, erfolgreich in seinem Job, ein toller Liebhaber, ein aufmerksamer Ehemann und natürlich ein guter und fürsorglicher Vater. Er bringt alles unter einen Hut und hat stets eine starke Schulter zum Anlehnen. In der Theorie klingt das fantastisch, aber wie realistisch sind solche Erwartungen an den Mann von heute? Wer ein Sixpack haben will, muss viel trainieren – Zeit, die im Alltag eingeräumt werden muss. Auch Erfolg im Job setzt Zeit und in der Regel auch Zeit und Muße für Weiterbildung voraus. Und dann sollen noch genügend Stunden und gute Laune für Frau und Kind übrig sein? Genauso wie für Hausarbeit, Kumpels und das Baumhaus, das für die Kids noch unbedingt gebaut werden soll? Wer als Mann so hohe Ansprüche an sich selbst hat, läuft schnell Gefahr in einem Burnout oder in einer Depression zu landen.
Das Heiraten und der Nachname
Es hat sich in der Art wie Beziehungen und Ehen geführt werden viel geändert in den letzten Jahrzehnten. Zwar nicht, was den Antrag, das Aussuchen der Eheringe oder die Hochzeitstraditionen angeht, aber eine Ehe ist heute von Gleichberechtigung geprägt wie nie zuvor. Der moderne Mann ist eben emanzipiert und legt Wert auf Gleichberechtigung! Während bei meinen Großeltern meine Oma alleine für den Haushalt zuständig war und mein Opa sich weigerte auch nur einmal den Staubsauger in die Hand zu nehmen, hat sich in modernen Beziehungen viel getan. Beide packen im Haushalt mit an, beiden steht es zu Karriere machen zu wollen und beide sehen sich als gleichberechtigte Partner. Zumindest im Idealfall. Bei einem Thema wird der Mann von heute aber dennoch schnell ganz still: wenn es um die Frage des Nachnamens nach der Hochzeit geht. Denn moderner und emanzipierter Mann hin oder her: den Nachnamen aufzugeben kommt für die meisten Männer nicht in Frage. Laut einer Studie der Gesellschaft für deutsche Sprache übernehmen rund Dreiviertel der verheirateten heterosexuellen Paare den Familiennamen des Mannes. Nur sechs Prozent aller Paare entscheiden sich für den Namen der Frau. Dabei dürfen Frauen schon seit dem Jahr 1976 per Gesetz ihren Nachnamen behalten oder diesen zum Familiennamen machen.
Der perfekte Vater
Auch die Vaterrolle hat sich stark verändert. Väter sind inzwischen meistens bei der Geburt mit dabei und kümmern sich auch viel intensiver um den Nachwuchs als es noch zu Nachkriegszeiten der Fall war. Seit der Einführung des Elterngelds 2007 nehmen auch immer mehr Männer Elternzeit. Derzeit geht rund jeder dritte Papa in Elternzeit. Wenn man etwas genauer hinschaut fällt allerdings auf, dass die meisten Papas nur die zwei „Partnermonate“ in Anspruch nehmen. Das liegt an an dem Gesetz. Die maximale Dauer von 14 Monaten des Elterngeldes kann nämlich nur in Anspruch genommen werden, wenn der zweite Partner davon mindestens zwei Monate übernimmt. Gerne wird im Volksmund deshalb auch von den zwei „Vätermonaten“ gesprochen. Aber woran liegt es, dass noch immer zwei Drittel aller Männer auf die Elternzeit verzichten oder nur zwei Monate davon in Anspruch nehmen? Der häufigst genannte Grund betroffener Männer ist die Karriere. Männer befürchten Karriereeinbußen, wenn sie familienbedingt beruflich kürzertreten. Das ist wirklich schade, denn aktuelle Studien aus Südkorea und den USA haben gezeigt, dass eine Babypause die Lebenszufriedenheit von Vätern und auch die Zufriedenheit innerhalb der Partnerschaft verbessert. Zudem führt eine Babypause dazu, dass die Kinder im Durchschnitt noch viele Jahre danach eine bessere Bindung zu ihrem Vater haben.
Der moderne Mann – ein Fazit
Der moderne Mann ist definitiv emanzipierter und familienbewusster als noch im letzten Jahrhundert. Aber es wird auch sehr viel von ihm erwartet. Er soll stark sein, sportlich und erfolgreich im Job. Gleichzeitig sensibel, hilfsbereit und engagiert im Haushalt und bei der Kindeserziehung. Das kann einem Mann schnell zu viel werden! Vielleicht sollten wir deshalb alle versuchen weniger perfekt sein zu wollen.
Wir sollten unsere Ansprüche herunterschrauben und uns klar werden, dass das Leben in Phasen verläuft. Nicht in jeder Lebensphase hat jedes Ziel und jeder Anspruch die gleiche Priorität – sonst tritt viel zu schnell Überforderung ein. Ein frischgebackener Papa muss zum Beispiel weder zu großen Wert auf ein Sixpack oder seine Qualitäten als Liebhaber legen, und auch die Karriere muss in diesen ersten Monaten nicht zu stark im Vordergrund stehen. In dieser Lebensphase sind andere Dinge wichtig, wie Zeit mit dem eigenen Baby zu verbringen. Anders sieht es als Vater eines Schulkindes aus. Hier lässt sich der eigene Sport vielleicht gut mit den sportlichen Aktivitäten des Kindes vereinen. Und da die Kinder in diesem Alter auch problemlos mal bei einem Babysitter bleiben können und zum Glück auch im eigenen Zimmer schlafen, ist das Liebesleben der Eltern viel leichter auszuleben und die Qualitäten als Liebhaber sind in dieser Lebensphase auch viel mehr gefragt.
Deshalb, Männer: setzt Euch nicht selbst unter Druck und lasst auch mal Fünf gerade sein. Seid selbstbewusst, setzt Prioritäten und seht es locker, wenn ihr in manchen Bereichen auch mal weniger gut abschneidet oder zeitweise gewisse Dinge zurückstellt. Schließlich ist das wichtigste Ziel im Leben glücklich zu sein – und dazu muss man nicht perfekt sein!